Mikrobielle Invasoren aufhalten: Wissenschaftler entdecken berechenbare Muster bei bakteriellen Invasionen
Forschende der Universität Tübingen haben einen neuen Weg gefunden, um zu verstehen, wie Bakterien in neue Umgebungen eindringen – oder warum sie manchmal dabei scheitern.

Ihre Studien zeigen, wie einheimische mikrobielle Gemeinschaften Eindringlinge abwehren können. Zukünftig könnten so Infektionen verhindert und schützende Mikrobiome geschaffen werden. Die wurden jetzt im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.,
Mikroben sind wahre Reiseexperten. Sie erschließen per Anhalter über die Luft, Wasser und sogar auf anderen Organismen neue Lebensräume. Doch wenn sie ankommen, finden sie nicht immer unbesiedelten Raum vor. Oft wimmelt es in diesen Gebieten bereits von Mikroben, die sich gegen Neuankömmlinge wehren. Dieser natürliche Abwehrmechanismus wird als „biotische Resistenz“ bezeichnet. Zu verstehen, wann und wie dieser Abwehrmechanismus einen Eindringling aufhalten kann, ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere wenn es um schädliche Krankheitserreger geht, die die menschliche Gesundheit, die Landwirtschaft und Ökosysteme bedrohen.
Das Team untersuchte mikrobielle Invasionen unter Laborbedingungen und stellte drei verschiedene Verhaltensweisen fest: Eindringlinge können sich gleichmäßig und in plötzlichen Ausbrüchen ausbreiten oder vollständig aufgehalten werden. Diese Verhaltensweisen hängen von zwei Schlüsselfaktoren ab: wie der Eindringling mit den lokalen Mikroben interagiert und wie schnell er sich ausbreitet.
Überraschenderweise zeigten die Forscher, dass sie diese Invasionsmuster mit Hilfe eines einfachen mathematischen Werkzeugs vorhersagen können – eines, für das nicht jedes Detail über die beteiligten Mikrobenarten bekannt sein muss. Dieses „parameterfreie“ Werkzeug könnte verwendet werden, um abzuschätzen, wie resistent eine mikrobielle Gemeinschaft gegen Eindringlinge ist. Ein vorteilhafter Einblick für weitere Entwicklungen in Medizin und Biotechnologie.
„Biotische Resistenz ist nicht nur eine ökologische Kuriosität“, sagt der Nachwuchsgruppenleiter im CMFI und Hauptautor Christoph Ratzke. „Sie hat Auswirkungen auf die reale Welt, von der Krankheitsprävention bis zur Entwicklung von Probiotika, die sich erfolgreich in das Darmmikrobiom integrieren können.“
Die Studie eröffnet neue Wege für das Mikrobiome Engineering – also die gezielte Veränderung der Zusammensetzung von Mikrobengemeinschaften. Forschende könnten widerstandsfähige und nützliche Mikrobengemeinschaften entwickeln, die schädliche mikrobielle Invasoren aufhalten, bevor sie zur Gefahr werden. Ob es darum geht, eine gefährliche Darminfektion zu stoppen, Pflanzen zu schützen oder die Bodengesundheit zu verbessern – das Verständnis mikrobieller Invasionen könnte schon bald zu einem wichtigen Bestandteil unserer Zukunftsfähigkeit werden.
Publikation:
Ye, X., Shalev, O. & Ratzke, C. Biotic resistance predictably shifts microbial invasion regimes. Nat Commun 16, 3952 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-59285-1
Universität Tübingen
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin
Systembiologie mikrobieller Gemeinschaften
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