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MicroPop – Design, Wissenschaft und die Welt der Mikroben

Eine Wanderausstellung

Während der Vernissage von “MicroPop - Design, Wissenschaft und die Welt der Mikroben“ im SPEICHER GRAMZOW und im Museum der Universität Tübingen MUT hatten Gäste die Möglichkeit Proben von Oberflächen zu nehmen, um Unsichtbares aus unserem Alltag sichtbar zu machen.

Zu den Proben des SPEICHER GRAMZOW   

Zu den Proben des Museum der Universität Tübingen MUT

Daten und Orte der Ausstellung

© Brigida Gonzalez
Akademie der Bildenden Künste Stuttgart

24. – 28. April 2023

Di – Fr | 12:00 – 19:00 Uhr

Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
Neubau 2, Foyer
Am Weißenhof 1
D-70191 Stuttgart

 

www.abk-stuttgart.de

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© Der SPEICHER GRAMZOW
SPEICHER GRAMZOW

06. Mai – 11. Juni 2023

Do – So  |  14 – 20 Uhr

SpeicherART in DER SPEICHER GRAMZOW

Am Bahnhof 5, 17291 Gramzow/Uckermark

www.speicher-gramzow.de

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© Dennis Stratmann
MUT Schloss Hohentübingen

29. Juni – 27. August 2023

Mi – So | 10 – 17 Uhr

Do | 10 – 19 Uhr

Museum der Universität Tübingen MUT | Alte Kulturen | Schloss Hohentübingen

Burgsteige 11, 72070 Tübingen

www.unimuseum.de

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Die Ausstellung „MicroPop – Design, Wissenschaft und die Welt der Mikroben“ zeigt Exponate, die die unsichtbare Welt der Mikroben auf künstlerische Weise spiegeln und erfahrbar machen. Sie lädt zum Nachdenken über unser Verhältnis zu den Kleinstlebewesen ein und ermöglicht es, neue Perspektiven und Ansätze zu erkunden, die sich ergeben, wenn Wissenschaft und Design zusammenkommen.

Die Idee des Projekts

Auf und in jedem menschlichen Körper leben etwa 40 bis 100 Billionen Mikroorganismen. Bis zu 1,5 kg unseres Körpergewichts können diese Mikroorganismen — Bakterien, Archaeen, Viren und Pilze — ausmachen. Zusammen bilden sie unser individuelles Mikrobiom. Die Erforschung ihrer genauen Wechselwirkungen und ihres komplexen mikrobiologischen Gleichgewichts ist heute wichtiger denn je: Ein besseres Verständnis des Mikrobioms kann uns beispielsweise helfen, bekannte und neu auftretende Infektionskrankheiten besser in den Griff zu bekommen. Das ist insbesondere auch angesichts der weltweit zunehmenden Antibiotikaresistenzen von entscheidender Bedeutung.

Die Exponate sind das Ergebnis einer im November 2021 gestarteten Kooperation zwischen dem Exzellenzcluster „Controlling Microbes to Fight Infections“ (CMFI) und dem Tübinger Forschungszentrum für Wissenschaftskommunikation der Universität Tübingen und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK) . Diese Seite gibt einen Überblick über die einzelnen Ausstellungsstücke und ihre Facetten.

 

 

Die Teams und ihre Exponate

Bei der Entwicklung der Ausstellungsstücke arbeiteten Designstudierende der Klassen für Industrie- und Kommunikationsdesign der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart eng mit Doktorandinnen und Doktoranden des Tübinger Exzellenzclusters „Controlling Microbes to Fight Infections" (CMFI) zusammen: Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, neue Perspektiven und innovative Möglichkeiten zu erkunden, die sich ergeben, wenn Wissenschaft und Design zusammenkommen, um Unsichtbares für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
In transdisziplinären Teams entstanden so insgesamt acht Exponate, die sich mit einer Vielzahl von Aspekten der Mikrobiomforschung auseinandersetzen – und dabei Spitzenforschung und innovative Kunst verbinden.

Die am Projekt beteiligten Forschenden kommen aus verschiedenen Teilbereichen der Mikrobiomforschung, darunter Infektionsbiologie, Immunologie, Bioinformatik, pharmazeutische Biologie, Antibiotikaforschung, Mikrobiologie und Biotechnologie. Die beteiligten Designerinnen und Designer arbeiten mit einer Vielzahl von Ansätzen des Industrie- und Kommunikationsdesigns. Ihre Methoden und Materialien sind vielfältig und reichen von Augmented Reality, digitalen Objekten und 3D-Druck bis hin zu Bronzeguss, Holzarbeiten und Schriftdesign.

Die Exponate spielen frei mit verschiedenen Forschungskonzepten und Objekten. Sie sind stark interaktiv und konfrontieren die Ausstellungsbesuchenden mit dem, was den menschlichen Sinnen sonst ohne Hilfsmittel unzugänglich ist.

Projektleitung

„MicroPop“ adressiert das Feld der Wissenschaftskommunikation und des Wissenstransfers – und basiert auf einer Projektidee von Dr. Davina Höll, die im Rahmen des Exzellenzclusters CMFI die historischen und erkenntnistheoretischen Kontexte sowie die ethischen Konsequenzen der Mikrobiomforschung untersucht hat. Zum Leitungsteam gehören außerdem Leon Kokkoliadis, der PR Manager des Clusters, und Michael Pelzer, der den Projektbereich "Knowledge Design" am Tübinger Forschungszentrum für Wissenschaftskommunikation koordiniert. Auf Stuttgarter Seite wird das Leitungsteam durch Prof. Uwe Fischer, David Gebka (Industrial Design) und Prof. Dr. hc. Patrick Thomas (Communication Design) komplettiert. Der interdisziplinäre Kooperationsprozess wurde zudem von der Berliner Multimediaspezialistin Johanna Barnbeck begleitet.


1. Augmented Mirror

Erweiterte Realität durch Telefonsimulation.

Der tägliche Blick in den Spiegel hat einen entscheidenden visuellen Einfluss auf unsere Selbstwahrnehmung: Wir nehmen uns als Individuen in unserer Haut wahr. Die Vorstellung von unsichtbaren, kleinen Lebewesen in und auf unserem Körper kann Abneigungen erzeugen – und den Drang, diese Mitbewohner loszuwerden.

Aus Sicht aktueller wissenschaftlicher Forschung ergibt sich jedoch ein völlig anderes Bild: Unsere Körper ist ein symbiotischer Komplex von Ökosystemen, in dem menschliche und mikro-organische Einheiten untrennbar zusammenwirken. Ihr Gleichgewicht ist für unsere Gesundheit von zentraler Bedeutung.

Auf dieser Grundlage regt das Exponat „Augmented Mirror“ eine neue Perspektive auf unsere menschliche Identität an, die das Unsichtbare greifbar und erlebbar macht und die Besucherinnen und Besucher in einen bunten und vielfältigen Mikrokosmos eintauchen lässt: In einem virtuellen Spiegel sehen sie sich auf ungewöhnliche Weise – als Teil einer allgegenwärtigen, faszinierenden, aber bisher kaum beachteten Welt.

2. Shotgun Sequencing

Objekte im Wandel.

Dieses Exponat ist ein Versuch, den aufwendigen Prozess einer Labortechnik, nämlich das Shotgun Sequencing, auf die Bereiche Kunst und Design zu übertragen. Beim Shotgun Sequencing handelt es sich vereinfacht um eine Technik zur Bestimmung der DNA-Sequenz eines Genoms, die für genetische Studien aller Arten von Organismen, von Bakterien bis zum Menschen, grundlegend ist. Bei dieser Methode wird ein Genom nach dem Zufallsprinzip in Fragmente zerlegt, wie durch den Treffer einer Schrotsalve. Die Fragmente werden einzeln sequenziert, bevor die nun bekannten DNA-Sequenzen mit Hilfe eines Computers in der richtigen Reihenfolge zusammengesetzt werden.

Abstrakte Werke, digitale Feindrucke und Videos zeigen den zerstörerischen Prozess des Shotgun Sequencing. Die Teile des Exponats können verstreut, überlagert oder aus Trümmern rekonstruiert sein und dennoch ihre Geschichte von Schönheit erzählen, die sich oft hinter einem auf den ersten Blick faden oder langweiligen Äußeren verbirgt.

3. Meet and Greet

Übernehmen Sie die Kontrolle über die mikrobielle Interaktion!

Zusammen mit unserem Körper bilden die Mikroorganismen ein komplexes Ökosystem, das essentiell für unsere Gesundheit ist. Es besteht aus Gemeinschaften von Tausenden von Arten, die in gegenseitiger Kooperation und Konkurrenz koexistieren. Um sich gegeneinander zu behaupten, produzieren sie Stoffe, die wir z.B. als Antibiotika kennen. Die Entdeckung dieser antimikrobiellen Wirkstoffe löste vor etwa 100 Jahren eine medizinische Revolution aus. Heute stehen wir vor neuen Problemen: Der unvorsichtige oder unnötigen Einsatz von Antibiotika führt weltweit zu einem rasanten Anstieg von Antibiotikaresistenzen. Einen wichtigen Lösungsansatz sehen Forschende in den Mikroorganismen selbst: Bakteriengemeinschaften haben eine hohe Fähigkeit zur Selbstregulierung und Kontrolle von krankheitserregenden, pathogenen Arten.

Die interaktive Klanginstallation „Meet and Greet“ zeigt Objekte, die auf die gegenseitige Annäherung mit individuellen akustischen Signalen reagieren und so die komplexen biochemischen Prozesse spiegeln und rekontextualisieren.

4. The Biofilm

Erleben Sie den Biofilm durch Licht und Ton.

Biofilme sind Gemeinschaften aus gemischten Populationen von Mikroorganismen, die sich in einer dünnen schleimigen Membran organisieren und vor der Außenwelt schützen. Diese Biofilme können überall zu finden sein und jede Oberfläche besiedeln. Das bedeutet, dass wir Biofilme auch in unserem Alltag antreffen und sie trotzdem selten als solche wahrnehmen. Deswegen macht das Exponat Biofilme für die Besuchenden visuell erfahrbar und hebt ihre vielfältige Präsenz in unserer Welt hervor: Der Biofilm wächst auf Wänden, auf Pflanzen und auf Menschen. Er wächst auf allen Oberflächen, ohne Grenzen, immer wieder und in verschiedenen Mustern.

5. DarmTown

Stellen Sie sich spielerischen Herausforderungen – und lernen Sie, was gut für Ihren Darm ist!

Was passiert in unserem Darm? Wie beeinflusst unser mikrobieller Haushalt unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden? Können wir Wissen rund um diese Fragen auch auf spielerische Art erfahrbar machen? Ein Spiel gibt uns die Möglichkeit, Wissen an Jung und Alt zu vermitteln, und zwar auf eine Art und Weise, die ihnen Spaß macht. So ist das Spiel „DarmTown“ entstanden.

Ziel des Spiels ist es, das imaginäre Darmmikrobiom in einen ausgeglichenen Zustand zu bringen. Wie im richtigen Leben ist unser Körper (und insbesondere unser Darm) verschiedenen Einflüssen ausgesetzt. Er reagiert auf Stress, die Ernährung, Viren und Bakterien, aber auch auf Bewegung und Medikamente – und arbeitet eng mit unserem Immunsystem zusammen.

 

6. Resistance Cassette

Ein audiovisuelles Erlebnis des horizontalen Gentransfers.

Der horizontalen Gentransfer ist einer der wichtigsten Mechanismen für die Entwicklung und Verbreitung von Resistenzen in Bakterien. Durch eine Reihe von mobilen Elementen, die „Genkassetten“ (engl. resistance cassettes) genannt werden, werden DNA Schnipsel weitergegeben, sogar an entwicklungsgenetisch sehr weit entfernten Arten.

„Resistance Cassette“ nimmt den Begriff Kassette wörtlich – und setzt sich mit dieser besonderen Form der Kommunikation auf der auditiven Ebene auseinander. Ringförmige Informationsträger werden sequenziert, kodiert und vervielfältigt. Indem sie sich durch den Raum bewegen, werden Informationen übertragen und empfangen. Sie werden integriert und dann wieder ausgetauscht. In einem Zustand des Flusses: ein ständiger Transfer von Informationen in der Horizontalen, der die Organismen vernetzt und ihre Fähigkeiten erweitert.

7. Bacterial Typography

Eine Schrift, die mit Bakterien erzeugt und weiterentwickelt wurde.

„Bacterial Typography“ ist ein experimentelles typografisches Projekt, das auf eine abstrakte Interpretation von Buchstaben durch Bakterien abzielt.
Was ergibt sich aus der Kombination von Typografie, einem vom Menschen seit Jahrhunderten genutzten System, und dem Mikrobiom?

Das Projekt hat neue Wege zur Schaffung von Typografie erkundet, indem es Proben von Bakterienkulturen in Form von verschiedenen Buchstaben auf Petrischalen übertrug. Dabei wurden Bakterien verwendet, die von zufällig ausgewählten Pflanzenblättern stammten. Parallel dazu kommen Bakterien zum Einsatz, die im Dunkeln leuchten. Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen die Zufälligkeit des bakteriellen Wachstums. Einige Bakterien wuchsen genau in der vorgegebenen typografischen Form, während andere kontaminiert wurden, was zur Unlesbarkeit führte.

 

8. Shaking Flagella

Alltagsgegenstände als Analogien für die Beziehung zwischen Mensch und Mikrobiom.

Wir Menschen stehen ständig in engem Austausch mit mikrobiellen Organismen, die mit dem bloßen Auge nicht wahrnehmbar sind. Im Zuge der Mikrobiom-Forschung wird immer deutlicher, dass wir ohne diese Begegnungen und Kooperationen auf zellulärer und molekularer Ebene nicht lebensfähig sind. Zusammen mit den Mikroorganismen bilden wir ein fließend vernetztes, kooperativ produktives System, das durch vielfältige Regulations- und Stoffwechselprozesse geprägt ist. Körperliche Reinheit und Abschottung sind daher keine Option. Die vermeintlich scharfen Grenzen zwischen dem Menschen und seiner inneren und äußeren Umwelt scheinen vielmehr auf mikrobieller Ebene zu verschwimmen. Das abgegrenzte Individuum ist dort nicht zu finden.

Der Mensch ist mehr, als an der Oberfläche sichtbar ist: Welche Art von Beziehung hat er zu diesem lebendigen Mikrokosmos? Sollten wir uns als ein"Superorganismus" aus Mensch und Mikrobiota verstehen? Popkulturelle Referenzen sowie Alltagsgegenstände dienen als Analogien, um diese komplexe dynamische Beziehung aus verschiedenen Perspektiven zu entdecken.


Kontakt Information

Dr. Davina Höll

Principal Investigator (Young Investigator Grant)
Exzellenzcluster "Controlling Microbes to Fight Infections" (CMFI)

Assistant Professor, Obama Institute for Transnational American Studies
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Jakob-Welder-Weg 20 (Philo II, Raum 02.204)
55128 Mainz

Tel: +49-6131-39-30399

E-Mail: hoell@uni-mainz.de

Webseite

Pressekontakt

Leon  Kokkoliadis

Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Tel: +49 7071 29-74707

E-Mail: leon.kokkoliadis@uni-tuebingen.de