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Neues Datenwissenschaftliches Tool beschleunigt die molekulare Analyse unserer Umwelt erheblich

Das von Daniel Petras geleitete Team entwickelte das Daten-Tool in einer internationalen virtuellen Forschungsgruppe

07.10.2024 Pressemitteilung

Ein Team unter Leitung von Forschenden der Universität Tübingen und der University of California Riverside, hat einen rechnergestützten Arbeitsablauf für die Analyse großer Datensätze im Bereich der Metabolomik und der Untersuchung kleiner Moleküle entwickelt, die in Zellen, Bioflüssigkeiten, Geweben und ganzen Ökosystemen vorkommen. Kürzlich hat das Team dieses neue Berechnungsinstrument zur Analyse von Schadstoffen im Meerwasser in Südkalifornien eingesetzt. Das Team erfasste rasch die chemischen Profile der Küstenumwelt und wies auf mögliche Verschmutzungsquellen hin.

„Wir sind daran interessiert zu verstehen, wie solche Schadstoffe in das Ökosystem gelangen“, sagte Daniel Petras, CMFI Nachwuchsgruppenleiter und Assistenzprofessor für Biochemie an der UC Riverside. „Herauszufinden, welche Moleküle im Ozean für die Gesundheit der Umwelt wichtig sind, ist aufgrund der großen chemischen Vielfalt des Ozeans nicht einfach. Das von uns entwickelte Protokoll beschleunigt diesen Prozess erheblich. Eine effizientere Sortierung der Daten bedeutet, dass wir Probleme im Zusammenhang mit der Meeresverschmutzung schneller verstehen können“.

Petras und sein Team berichten in der Fachzeitschrift Nature Protocols, dass ihr Protokoll nicht nur für erfahrene Forscher, sondern auch für Ausbildungszwecke konzipiert ist, was es zu einem idealen Hilfsmittel für Studierende und Nachwuchsforschende macht. Dieser rechner basierte Arbeitsablauf wird von einer zugänglichen Webanwendung mit einer grafischen Benutzeroberfläche begleitet, die die Metabolomik-Datenanalyse auch für Laien zugänglich macht und es ihnen ermöglicht, innerhalb weniger Minuten statistische Erkenntnisse über ihre Daten zu gewinnen.

„Dieses Tool ist für ein breites Spektrum von Forschenden zugänglich, von absoluten Anfängern bis hin zu Expertinnen und Experten, und ist auf die Verwendung in Verbindung mit der molekularen Netzwerksoftware zugeschnitten, die meine Gruppe entwickelt“, sagte Koautor Mingxun Wang, ein Assistenzprofessor für Informatik und Ingenieurwesen an der UC Riverside. „Die von uns zur Verfügung gestellten Richtlinien und der Code erleichtern Anfängern das Verständnis der üblichen Datenverarbeitungs- und Analyseschritte. Für Expertinnen und Experten beschleunigt es die reproduzierbare Datenanalyse und ermöglicht es ihnen, die Arbeitsabläufe und Ergebnisse ihrer statitischen Datenanalyse zu teilen.“

Petras erläutert: "Die Forschungsarbeit ist einzigartig, da sie als eine große Bildungsressource dient, die durch eine virtuelle Forschungsgruppe namens Virtual Multiomics Lab (VMOL) organisiert wird. Das VMOL, an dem mehr als 50 Forschende aus der ganzen Welt teilnehmen, ist eine von der Community gesteuerte, offen zugängliche Gemeinschaft. Es zielt darauf ab, den chemischen Analyseprozess zu vereinfachen, ihn zu demokratisieren und ihn Forschenden auf der ganzen Welt zugänglich zu machen, unabhängig von ihrem Hintergrund oder ihren Ressourcen."

 

„Ich bin unglaublich stolz darauf, zu sehen, wie sich dieses Projekt zu etwas Wirkungsvollem entwickelt hat, an dem Expertinnen und Experten und Studierende aus der ganzen Welt beteiligt sind“, so Abzer Pakkir Shah, Doktorandin in Petras' Nachwuchsgruppe im Exzellenzcluster CMFI  an der Universität Tübingen und Erstautorin der Studie. „Durch die Beseitigung physischer und wirtschaftlicher Barrieren bietet VMOL eine Ausbildung in computergestützter Massenspektrometrie und Datenwissenschaft und zielt darauf ab, virtuelle Forschungsprojekte als eine neue Form der kollaborativen Wissenschaft zu starten.“

Die gesamte vom Team entwickelte Software ist kostenlos und öffentlich zugänglich. Die Softwareentwicklung wurde während einer CMFI Summer School für nicht zielgerichtete Metabolomik im Jahr 2022 an der Universität Tübingen initiiert, wo das Team auch das VMOL ins Leben gerufen hat.

Petras geht davon aus, dass das Protokoll insbesondere für Umweltforscher sowie für Wissenschaftlerinnen und WIssenschaftler, die im biomedizinischen Bereich arbeiten, und für Forschende, die klinische Studien im Bereich der Mikrobiomforschung durchführen, von Nutzen sein wird.

„Das Einsatzgebiet unseres Protokolls ist vielseitig und erstreckt sich über eine breite Palette von Bereichen und Probentypen, einschließlich der kombinatorischen Chemie, der Dopinganalyse und der Spurenkontamination von Lebensmitteln, Arzneimitteln und anderen Industrieprodukten“, fügt er hinzu.

Petras erwarb seinen Masterabschluss in Biotechnologie an der Fachhochschule Darmstadt und seinen Doktortitel in Biochemie an der Technischen Universität Berlin. Als Postdoktorand forschte er an der UC San Diego, wo er sich auf die Entwicklung großmaßstäblicher Umwelt-Metabolomik-Methoden konzentrierte. Im Jahr 2021 gründete er das Functional Metabolomics Lab als Nachwuchsgruppe des CMFI an der Universität Tübingen. Seit Januar 2024 ist er an der UC Riverside, wo sich sein Labor auf die Entwicklung und Anwendung von Massenspektrometrie-basierten Methoden zur Visualisierung und Bewertung des chemischen Austauschs in mikrobiellen Gemeinschaften konzentriert.

Originalpublikation:

Pakkir Shah AK, Walter A, Ottosson F, Russo F, Navarro-Diaz M, Boldt J, Kalinski JJ, Kontou EE, Elofson J, Polyzois A, González-Marín C, Farrell S, Aggerbeck MR, Pruksatrakul T, Chan N, Wang Y, Pöchhacker M, Brungs C, Cámara B, Caraballo-Rodríguez AM, Cumsille A, de Oliveira F, Dührkop K, El Abiead Y, Geibel C, Graves LG, Hansen M, Heuckeroth S, Knoblauch S, Kostenko A, Kuijpers MCM, Mildau K, Papadopoulos Lambidis S, Portal Gomes PW, Schramm T, Steuer-Lodd K, Stincone P, Tayyab S, Vitale GA, Wagner BC, Xing S, Yazzie MT, Zuffa S, de Kruijff M, Beemelmanns C, Link HMayer C, van der Hooft JJJ, Damiani T, Pluskal T, Dorrestein P, Stanstrup J, Schmid R, Wang M, Aron A, Ernst M, Petras D. (2024) Statistical analysis of feature-based molecular networking results from non-targeted metabolomics data. Nat Protoc. doi: 10.1038/s41596-024-01046-3.

 

(UC Riverside Pressemitteilung, 20.09.2024)

Wissenschaftlicher Kontakt

Daniel Petras
Universität Tübingen
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin
Functional Metabolomics

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